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Fotoreportage Mönchehaus-Museum Goslar

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Von Martin Jasper

Goslars Mönchehaus ist ein ehrwürdiges Kunstmuseum. Deshalb die kesse Frage an die Direktorin: „Ist das Kunst, was Sie da zeigen? Oder bloß jene glatt inszenierte Oberfläche schöner Gesichter und effektvoll ausgeleuchteter Körper, die wir eher in Hochglanz-Magazinen erwarten?“

Foto: Leonardo DiCaprio, fotografiert von Mark Seliger.
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Bettina Ruhrberg hat für ihr Haus 100 Bilder von 44 Star- und Modefotografen ausgewählt, die in den Ausstellungen „Traumfrauen“ und „Traummänner“ 2008 und 2011 in den Hamburger Deichtorhallen zu sehen waren. Präsent sind nicht nur Berühmtheiten, sondern auch namenlose Schönheiten. Nicht nur junge, sondern auch (allerdings weit weniger) alte Menschen.

Foto: Audrey Tatou fotografiert von Max Vadukul.
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Zu den Fotos hat sie Statements der Schöpfer gestellt. Schönheit sei ein Leuchten von innen, meint eine Fotografin, eine andere findet, dass ihre Aufnahme beweise, wie stark und sexy das Model sei. Schönheit wird wahlweise definiert als „ein Lächeln, Intelligenz, Humor, Geist“, „eine einzigartige Darbietung von Emotionen“, „ein Zustand der Anmut“, „innere Stärke“ oder „Eleganz und Persönlichkeit“.

Und bei Männern? „Die Balance von Virilität und Verletzlichkeit“. Oder auch: „von Souveränität und Wildheit“. Und so weiter. Das sind mehr oder minder hilflose Phrasen für etwas, das sich der Definition letztlich entzieht – und ihrer auch gar nicht bedarf. Anders gesagt: Schönheit ist evident.
Von der Kunst freilich erwarten wir eine Tiefendimension unterhalb der bloßen Sinnesreize. Zumindest eine Distanz. Eine Haltung. Eine Irritation. Bettina Ruhrberg beteuert, sie habe genau danach gesucht. Und es gibt sie.

Foto: Tom Munro: „Diana Dondoe“.
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Ins Auge springen zum Beispiel die grellbunten Küchen von Miles Aldridge, in denen eine perfekt gestylte Blondine im tief dekolletierten Pünktchenkleid lasziv Hausarbeiten verrichtet. Da werden auf erotisch-ironische Weise Weiblichkeits-Klischees zusammengezwungen: das Heimchen am Herd in der sterilen Bonbon-Küche erscheint zugleich als Barbiepüppchen-Wunschprojektion und unnahbare Verführerin. Wenn sich die Hausfrau zur Herdflamme beugt, um ihre Zigarette anzuzünden, wird der Lippenstift-Abdruck auf dem Mundstück zur intimen Sensation.

Foto: Miles Aldridge: „Homework # 3“.
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Zur Irritation taugt auch eine Reihe von Fotos David Lachapelles: Models, von Kleidern nachlässig umflattert, vor Hausruinen. Der Fotograf spielt mit einer provozierenden Katastrophen-Ästhetik. Aus der Kaputtheit steigt die unversehrte Schönheit – welch ein Kontrast zu Reportage-Fotos etwa des Hurricanes Katrina, der die Südküste der USA zerstörte und viele Bewohner ins Elend stürzte. Lachapelles Visionen sind eher romantischen Ruinenträumen und Feen-Märchen entsprungen als der Realität.

David Lachapelle: „When the World is Through“.
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Um allerdings künstlerisch wirklich relevant zu sein, wirken die scheinbar hergewehten Models letztlich doch zu dekorativ drapiert.

Ein starkes Foto zeigt Star-Model Nadja Auermann im Zentrum einer wuseligen Betriebsamkeit von Visagisten, Stylisten und Assistenten. Technisch verfremdet, erscheinen all die Schattenwesen in wellenförmiger Unschärfe – in Wellen, die konzentrisch auf die blonde Frau zuzulaufen scheinen. Hier wird mit fast naturhafter Dynamik eine Königin hergestellt.

Foto: Peggy Sirota: „Ben“.
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Ganz anders dagegen der Blick in das Gesicht der jungen Frau, die Ali Kepenek porträtiert hat. Mit Ringelshirt, Tattoos, einem Piratenkopftuch und einer Zigarette blickt sie den Betrachter mit geradezu aufmüpfigem Selbstbewusstsein an – eine Königin aus eigenem Recht.
Wobei – auch dieser Selbstausdruck ist ja hergestellt. Man kann daraus schwerlich schließen, wer diese junge Frau wirklich ist. Das ist überhaupt die Crux all dieser hochprofessionell arrangierten Fotos. Sie feiern eben nicht das Authentische, sondern ihre Objekte (oder meinetwegen auch: Subjekte) als Kunstprodukte – was bekanntlich nicht dasselbe ist wie Kunst.

Foto: Ali Kepenek: „Trinity“, aus der Serie „Tattoo“.
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Gänzlich künstlich, wenn auch fraglos meisterhaft zur Ausstrahlung gebracht, wirken die meisten Star-Porträts der Ausstellung. Vor allem zur Image-Pflege, zur Typisierung und Überhöhung geeignet. Die jung gestorbene Sängerin Amy Winehouse schaut den Betrachter in hochgespannter Körperhaltung katzenkrallig und verletzlich zugleich von unten an.

Foto: Jan Welters: „Tasha“.
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Mit erstaunlich aggressivem Sex-Appeal scheint sich das Model Claudia Schiffer aus einem Hauch von Kleid befreien zu wollen. Die Schauspielerin Angelina Jolie, eine Königin auch sie, thront majestätisch im Sessel, die Beine derart in Szene gesetzt, dass die Vermutung aufkeimt, sie besitze dafür einen Waffenschein.

Foto: Angelina Jolie, fotografiert von Marc Hom.

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Die blonde Sex-Göttin Sharon Stone aalt sich mit nasser Bluse stilsicher im Swimmingpool, während die französische Kult-Mimin Audrey Tatou sich in kindlich-großäugiger Trotzhaltung in einem Gartenstuhl fläzt.
Auch schöne Männer gibt es. Doch zumeist in weniger kunstvollen Fotos. Am stärksten wirken die des Schauspielers Ben Kingsley in seiner Aura von Weisheit und männlich herber Abgebrühtheit. Die Bilder etwa von Daniel Craig oder George Clooney kommen über die Wirkung markanter Porträts kaum heraus. Leonardo DiCaprio, ganz schwermütiger Mädchenschwarm, sinniert in honigfarbenem Licht mit freiem Oberkörper ins Ferne.
Kunst hin oder her – es ist, bitte schön, natürlich auch eine Ausstellung zum Träumen.

Zu sehen im Mönchehaus-Museum Goslar bis zum 14. Mai, Di.-So. 10-17 Uhr. Katalog: 18 Euro.

Foto: Sharon Stone, fotografiert von Tony Duran.
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Foto: Pamela Hanson: „Mom“.
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Foto: Matt Jones: „Crystal“.
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